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Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Urteil verkündet am 08.11.2006
Aktenzeichen: 17 Sa 903/06
Rechtsgebiete: KSchG
Vorschriften:
KSchG § 1 |
LANDESARBEITSGERICHT NIEDERSACHSEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2006 durch
die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Knauß, den ehrenamtlichen Richter Herrn Schabrodt, den ehrenamtlichen Richter Herrn Lützenkirchen für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 23.03.2006 wird kostenpflichtig mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte zur arbeitsvertragsgemäßen Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzverfahrens verurteilt wird.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten und um Weiterbeschäftigung.
Der am 00.00.1948 geborene, ledige Kläger stand mit einer seit dem 01.01.1987 zählenden Beschäftigungszeit zu einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt 5.578,-- € in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen. Die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses regelte derArbeitsvertrag vom 26.8.1986 (Anlage B 1 zum Schriftsatz der Beklagten vom 17.8.2006). Die Beklagte, die eine Tochtergesellschaft der I. D. GmbH ist, erbringt Dienstleistungen im IT-Bereich. Sie beschäftigt sich mit S. D. und nimmt für ihre Kunden insbesondere den Betrieb von Rechenzentren, die Installation, Wartung und Pflege von Hardware sowie die Entwicklung, Installation und Wartung von Software (insbesondere SAP - Anwendungen) wahr. Die Beklagte unterhielt bis zum 30.09.2005 bundesweit insgesamt acht Standorte u.a. auch einen Standort in N. mit einem Betrieb in A-Stadt und den unselbständigen Betriebsteilen N. und S.. Zuletzt waren im Betrieb N. der Beklagten insgesamt 269 Beschäftigte (Stand Juni 2005) tätig. Der Betrieb "N." wurde von Herrn R. D. H. geleitet, dem auch die Leitung in personellen und sozialen Angelegenheiten oblag. Zuständiger Human Resources-Manager im Betrieb "N." war Herr J. D.. Ursprünglich war das Geschäft der Beklagten in zwei Bereiche gegliedert gewesen, nämlich die Bereiche "S. D." (SD) und "A. M. S." (AMS). Der Bereich "AMS" mit ca. bundesweit 650 Mitarbeitern war zum 01.04.2005 aufgrund einer im Dezember 2004 getroffenen unternehmerischen Entscheidung in eine selbständige Gesellschaft, die I. A. S. GmbH, ausgegliedert worden. Von dieser Ausgliederung waren am Standort "N.." der Beklagten 129 Beschäftigte betroffen. Der ehemalige Bereich "AMS" der Beklagten und die jetzige I. A. S. GmbH beschäftigen sich mit an den Kundenwünschen ausgerichteter Entwicklung und Anwendung von Programmen. Demgegenüber nimmt die Beklagte die laufende Betreuung von Kunden im IT-Bereich, insbesondere die laufende Betreuung nach Einführung von durch I.-A. S. GmbH entwickelten Anwendungen wahr. Am 01.03.2005 traf die Geschäftsführung der Beklagten aus Kostengründen die Entscheidung, den Standort "N." und den Standort "S." (an den Orten S., M. und W.) jeweils ohne den auszugliedernden Bereich "AMS" zum Ablauf des 30.09.2005 stillzulegen und die an den zu schließenden Standorten wahrgenommenen Aufgaben, sofern sie nicht wegfielen, im wesentlichen auf die Standorte anderer I. Gesellschaften in B./T. und S.../U. zu verlagern. Die dortigen I. Gesellschaften werden seit dem 01.10.2005 als Dienstleister der Beklagten tätig. Die Beklagte, die mithin auch nach Ablauf des 30.09.2005 weiterhin Vertragspartner der von der Verlagerung nach T. und U. betroffenen Kunden ist, wird durch die Stilllegung der Betriebe "S." und "N." sowie die Verlagerung der dort wahrgenommenen Tätigkeiten im Bereich der Personalkosten voraussichtlich jährliche Einsparungen in Höhe von 50 Millionen Euro erzielen, da die Personalkosten in T. und U.nur bei ca. 20 bis 30 Prozent des deutschen Niveaus liegen. Soweit eine Verlagerung noch vorhandener Tätigkeiten nach U. und T. im Einzelfall nicht in Betracht kam, entschied die Beklagte diese Tätigkeiten aufgrund der Aufgabe der Standorte "N." und "S." durch andere Gesellschaften bzw. an einem anderen ihrer Standorte ausführen zu lassen. Nachdem die Beklagte am 03.03.2005 die Schließungsentscheidung bekannt gegeben hatte, bot sie bereits in der Folgewoche ab dem 06./07.03.2005 den von der Stilllegungsentscheidung betroffenen Arbeitnehmern Aufhebungsverträge an, die bis Mitte Juni 2005 von 90 Prozent der Arbeitnehmer angenommen wurden. Der Kläger, der ursprünglich dem Bereich "AMS" der Beklagten angehört hatte, wechselte im Juni 2004 in das sogenannte S.-C. der Beklagten und nahm dort zunächst an Weiterbildungsmaßnahmen teil. Im Rahmen seiner Tätigkeit im S.-C. wurde er bei entsprechenden Kundenanfragen in einzelnen Projekten vor Ort bei Kunden eingesetzt. Zuletzt nahm er vom 1.1.2005 bis 31.3.2005 für den Kunden C. Aufgaben des Desksite Customer Supports wahr. Vom 19.4.2005 bis 15.6.2005 war er in K. bei einer Versicherung zur Unterstützung der Druckerumstellung tätig. Vom 24.6.2005 bis 8.7.2005 wurde er für Inventuraufgaben beim Kunden D. B. in F. und S. eingesetzt. Das S. C. ist ein Qualifizierungs- und Redeployment-Instrument, das zum 01.04.2004 für die Serviceorganisation Delivery (SO Delivery) gegründet wurde und Beschäftigte gezielt auf den Einsatz in Projekten vorbereiten und in neue Aufgaben vermitteln soll. Es handelt sich quasi um eine interne Vermittlungs- und Qualifizierungsmaßnahme, wobei das "S. C." nicht über eigene freie Arbeitsplätze verfügt, vielmehr werden Beschäftigte, die nicht ausgelastet sind, oder deren Fähigkeiten nicht marktgerecht sind, zum Zwecke der Qualifizierung und Weitervermittlung rein administrativ dem "S. C." zugeordnet. Das "S. C." dient mithin der Qualifizierung zum Zwecke der konzerninternen Weitervermittlung. Zwischen den Parteien ist streitig, ob es sich insofern um eine unternehmensweite bzw. sogar konzernweite Organisation handelt oder jeder Standort/Betrieb der Beklagten über ein eigenes "S. C.r" verfügte. Die Leitung des "S. C." der Beklagten hatte Frau U. L. inne, die ihrerseits vom 01.04.2004 bis 31.03.2006 von der Muttergesellschaft, der I. D. GmbH, zu der Beklagten entsandt war. Wie sich aus den Organigrammen zum Aufbau des "S. C." der Service Organisation Delivery derJahre 2004 und 2005 (Anlage BB 6 zum Schriftsatz des Klägers vom 24.10.2006, Bl. 430 f. d. A.) ergibt, gab es an den einzelnen Standorten der Beklagten noch jeweils gesonderte Zuständigkeiten für die in jeweils verschiedenen Kostenstellen zusammengefassten und dem "S. C." zugewiesenen Arbeitnehmer. Den an den einzelnen Betriebsstandorten für die "S.C." Verantwortlichen oblag die fachliche und personelle Leitung der einzelnen Beschäftigten, sie waren quasi wie Outplacement Spezialisten tätig und zuständig für die Integration der Mitarbeiter in das "S.C.", die Analyse der vorhandenen Qualifikationen, die Ausarbeitung von Schulungsplänen und die Entsendung der Mitarbeiter zu unternehmensweit angebotenen Schulungen, deren Kosten dann von dem jeweiligen Betrieb getragen wurden. Fachlich berichteten die an den einzelnen Betriebsstandorten Verantwortlichen an Frau L., die ab Oktober 2004 die operative Leitung aller "S. C." der Beklagten inne hatte. In dieser Funktion nahm sie koordinierende Aufgaben für alle "S. C." wahr, beispielsweise die Ausarbeitung von Verträgen für die Arbeitnehmerüberlassung. Darüber hinaus war sie zuständig für das "S. C." Nord-Ost (Kostenstelle A 285) und das "S. C." NWSM A-Stadt (Kostenstelle A 539). Auf diesen beiden Kostenstellen wurden zum Zeitpunkt des Zugangs der streitbefangenen Kündigung 50 Mitarbeiter des Betriebsstandorts "N." beschäftigt; 40 waren der Kostenstelle A 285 und 10 der Kostenstelle A 539 zugeordnet. Außerdem waren der Kostenstelle A 285 drei Arbeitnehmer des Standorts B. zugeordnet. Bei den beiden Kostenstellen A 539 und A 285 handelte es sich aber um eine Abteilung. Frau L. ihrerseits berichtete an Herrn K., der auf Konzernebene die Verantwortung für die "S. C." sämtlicher I.-K. in D., insbesondere für das Budget trägt. Herr W. war für die Stabsabteilung des "S. C." der Beklagten zuständig. Ihm oblag die Koordination übergeordneter Organisationsaufgaben wie beispielsweise die konzerninterne und -externe Arbeitnehmerüberlassung. Die Rahmenbedingungen des Arbeitnehmereinsatzes Einsatzes im S.-C.regelt eine zwischen der I. C. H. GmbH und dem Konzernbetriesrat unter dem 27.1.05 geschlossene Betriebsvereinbarung. Wegen des genauen Inhalts dieser Betriebsvereinbarung einschließlich der ersten Protokollnotiz vom 27.01.2005 wird auf die Anlage K 6 zum Schriftsatz des Klägers vom 08.03.2006 (Bl. 186 - 189 d. A.) Bezug genommen. Da sich das "S. C." bewehrt hatte, übernahmen Anfang 2006 auch andere Organisationen der I.dieses Modell, das bis dahin auf den Geschäftsbereich Service Delivery, mit dem sich die Beklagte ausschließlich, aber auch Teile der Muttergesellschaft I. D. GmbH beschäftigt, beschränkt war. Bereits am 12.07.2005 teilte Herr B. für die I. I. G. (I. G. S. I. M. T.) insofern in einer E-Mail an alle Führungskräfte der I. I. G. mit, dass wegen der positiven Erfahrungen mit dem "S. C-" für die Service Organisation Delivery die Aufgabe des "S.- C." zum 01.07.2005 auf das gesamte I. I. G. ausgedehnt werde (Anlage zum Schriftsatz des Klägers vom 24.10.2006, Bl. 397 d. A.). Wegen der Standortaufgaben schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat nach dem Scheitern der Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs am 03.05.2005 einen Sozialplan ab. Die dem Kläger nach diesem Sozialplan zustehende Abfindung beträgt 109.953,00 € brutto. Den Arbeitnehmern, die bis dahin nicht über Aufhebungsverträge ausgeschieden waren kündigte die Beklagte - soweit nicht unter Sonderkündigungsschutz stehend bzw. in Altersteilzeit befindlich - das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 24.06.2005 ordentlich bzw. außerordentlich mit sozialer Auslauffrist. Zum 30.9.2005 wurde der Standort A-Stadt geschlossen und die bis dahin genutzten Räumlichkeiten geräumt. Mindestens drei Arbeitnehmer (B., S.und S.) die - wie der Kläger - dem S. C. des Betriebsstandorts N.angehörten und aufgrund von längerfristigen Verträgen zur I. D. GmbH entsandt waren, wurden jedoch nicht gekündigt. Mit Schreiben vom 14.06.2005, wegen dessen genauen Inhalts auf die Anlage B 2 zum Schriftsatz der Beklagten vom 14.11.2005 (Bl. 46 - 50 d. A.) verwiesen wird, hörte die Beklagte den an ihrem Standort "N." gebildeten Betriebsrat zu der streitbefangenen Kündigung des Klägers an. Der Betriebsrat erhob mit Schreiben vom 21.06.2005 Widerspruch. Wegen der Einzelheiten wird auf das Widerspruchsschreiben des Betriebsrats vom 23.06.2005 (Anlage K 2 zur Klageschrift, Bl. 6 - 9 d. A.) Bezug genommen. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund einer tariflichen Regelung nicht mehr ordentlich gekündigt werden konnte, sprach die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 24.06.2005, am gleichen Tage zugegangen, die Kündigung aus wichtigem Grund mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.2005 aus.
Mit seiner am 07.06.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die soziale Rechtfertigung der ausgesprochenen Kündigung gerügt, sich die Widerspruchsgründe aus dem Widerspruchsschreiben des Betriebsrats vom 23.06.2005 zu eigen gemacht sowie die Beklagte aufgefordert, die Gründe für die getroffene soziale Auswahl offen zu legen und hierbei Namen und Sozialdaten von vergleichbaren Arbeitnehmern zu nennen.
Im Termin vor dem Arbeitsgericht am 17.11.2005 erging ein 1. Versäumnisurteil mit folgendem Tenor:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 24.06.2005 beendet wird.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Bedingungen in dem Bereich (Verkehr C.) A. D. weiterzubeschäftigen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Der Streitwert beträgt 22.312,00 EURO.
Gegen dieses ihr am 22.11.2005 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte mit einem am 28.11.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt, den sie sogleich begründet hat.
Im Termin der mündlichen Verhandlung über den Einspruch hat der Kläger beantragt,
das Versäumnisurteil vom 17.11.2005 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte hat beantragt,
das Versäumnisurteil vom 17.11.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, der Arbeitsplatz des Klägers sei aufgrund der Schließung des Standorts "N." zum 30.09.2005 ersatzlos weggefallen. Der Kläger könne auch nicht im S.C. weiterbeschäftigt werden, weil die Beklagte, namentlich Herr W.K., Direktor des "S. C.", am 01.03.2005 die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, die Kapazitäten im "S. C." der Beklagten nicht weiter aufzustocken, da es keine Vermittlungsmöglichkeiten auf dauerhafte Arbeitsplätze bei der Beklagten gegeben habe.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.03.2006 das Versäumnisurteil aufrechterhalten und die Beklagte auch in die weiteren Kosten des Rechtsstreits verurteilt.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, ein wichtiger Grund gem. §626 Abs.1 BGB, der die Beklagte berechtigen würde, das lediglich außerordentlich kündbare Arbeitsverhältnis des Klägers zu beenden, sei nicht ersichtlich. Die Einstellung des Betriebes der Beklagten in A-Stadt/N. habe den Arbeitsplatz des Klägers nicht entfallen lassen. Da der Kläger bereits vor dem 1.3.2005 dem S.-C. zugehörig gewesen sei, sei die von der Beklagten behauptete unternehmerische Entscheidung des Direktors des S. C. vom 01.03.2005, die Kapazitäten im S. C. nicht weiter aufzustocken, für den Kläger uninteressant. Die Beklagte könne ihn im Konzern vermitteln, gegebenenfalls nach vorheriger Qualifizierung.
Gegen dieses ihr am 16.05.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 06.06.2006 per Fax beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie mit einem am 17.08.2006 per Fax beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet hat, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis dahin verlängert worden war.
Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsziel nach Maßgabe ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 17.08.2006 sowie ihres weiteren Schriftsatzes vom 31.10.2006 weiter. Die Kammer nimmt auf den Inhalt dieser Schriftsätze Bezug.
Die Beklagte rügt an dem angegriffenen Urteil insbesondere, dass es die Unwirksamkeit der streitbefangenen Kündigung aus der Zuweisung des Klägers zum "S. C. N." herleite. Das "S.C." sei keine zentral geleitete unternehmens- oder gar konzernweite Abteilung. Vielmehr stelle es innerhalb der Beklagten nur einen Bereich unter vielen anderen Bereichen dar. Jeder Betrieb der Beklagten verfüge über ein eigenständiges "S. C.". Dies gelte auch für die Betriebe "N." und "S." der Beklagten, die zum Ablauf des 30.09.2005 stillgelegt worden seien. Die einzelnen "S.C." würden personell und fachlich eigenständig von den Leitern des "S. C." des jeweiligen Betriebes geleitet. Als Leiterin des "S. C." im Betrieb "N." sei Frau U. L. für die Beschäftigten des "S.C." für Fragen der Personalentwicklung, für den Abschluss von Zielvereinbarungen sowie für die Urlaubserteilung zuständig gewesen. Die unternehmerische Entscheidung der Geschäftsführung der Beklagten, namentlich der Geschäftsführer Herr N. und Frau W., vom 01.03.2005 habe auch die Stilllegung des "S. C." des Betriebs "N." umschlossen. Es sei nicht nur üblich, sondern aus operativer Sicht zwingend notwendig, dass in einem Unternehmen wie der Beklagten bzw. in einem Konzern, wie dem I.Konzern, unternehmens- und konzernweit verantwortliche Führungskräfte für einen bestimmten Unternehmens- bzw. Konzernbereich eingesetzt würden, die für überbetriebliche Fragestellungen zuständig seien. Hieraus abzuleiten, dass es sich beim "S. C." um eine unternehmens- bzw. konzernweit einheitlich geleitete Abteilung handele, sei falsch. Auch habe es durch die Zuweisung zum "S. C." keine allgemeine Vereinbarung über eine konzernweite Versetzung oder Versetzbarkeit gegeben. Vielmehr seien bedarfsweise Entsendevereinbarungen mit den Mitarbeitern des "S.C." geschlossen worden. Wegen der Schließung des Betriebsstandorts "N." könne der Kläger auch keine Rechte aus der Konzernbetriebsvereinbarung vom 27.01.2005 herleiten, da der ehemals abgebende Bereich, nämlich der Betriebsstandort "N." geschlossen sei. Für den ehemaligen Bereich AMS der Beklagten, der nunmehr unternehmensrechtlich in der A.S. GmbH verselbstständigt sei, habe die Konzernbetriebsvereinbarung zum Kündigungszeitpunkt nicht gegolten.
Die Beklagte beantragt daher,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 23.03.2006 - Aktenzeichen 4 Ca 262/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass lediglich die arbeitsvertragsgemäße Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens begehrt wird.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 09.09.2006 sowie seines weiteren Schriftsatzes vom 24.10.2006, auf die die Kammer Bezug nimmt.
Der Kläger ist der Auffassung, der Beschluss, den Betrieb "N." zu schließen, habe nicht die Schließung des "S. C." umfassen können, da diese organisatorische Einheit nicht ausschließlich von der Beklagten, sondern gemeinsam durch verschiedene I.Gesellschaften geführt werde. Aufgrund der Versetzung in das "S. C." habe sich der Kläger mit dem konzernweiten Einsatz arbeitsvertraglich einverstanden erklärt. Wegen seiner Tätigkeit im "S.C." als einem Instrument des konzerninternen Arbeitsmarktes habe die Beklagte ihm auch konzernweit freie Stellen anbieten müssen. Diese seien zum Zeitpunkt der Kündigung auch vorhanden gewesen, wie sich aus dem Widerspruch des Betriebsrats ergäbe.
Entscheidungsgründe:
I.
Die Berufung der Beklagten ist statthaft, sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und somit insgesamt zulässig (§§ 64, 66 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).
II.
Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht das Versäumnisurteil vom 17.11.2005 aufrechterhalten, mit dem es festgestellt hatte, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 24.06.2005 nicht aufgelöst worden ist. Die Beklagte ist auch verpflichtet, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsverfahrens arbeitsvertragsgemäß weiterzubeschäftigen. Im Hinblick auf den geänderten Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers war der Tenor des erstinstanzlichen Versäumnisurteils jedoch entsprechend zu ändern.
1.
Die Kündigung der Beklagten scheitert an der fehlenden Sozialauswahl gem. § 1 Abs. 3 KSchG. Die Beklagte war verpflichtet, eine Sozialauswahl unter allen bei ihr im "S.C." beschäftigten Arbeitnehmern vorzunehmen.
1.1
Das Arbeitsverhältnis der Parteien konnte nur durch eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB beendet werden, weil gegenüber dem Kläger tarifvertraglich die ordentliche Kündigung ausgeschlossen war, was zwischen den Parteien unstreitig ist. Die Kammer konnte deshalb dahinstehen lassen, ob der fragliche Tarifvertrag kraft Verbandszugehörigkeit und/oder betrieblicher Übung bzw. arbeitsvertraglicher Vereinbarung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.
Für die außerordentliche betriebsbedingte Beendigungskündigung nimmt das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung an, dass sie, da dringende betriebliche Erfordernisse regelmäßig nur eine ordentliche Kündigung rechtfertigen können, nur ausnahmsweise zulässig sein kann, weil zu dem vom Arbeitgeber zu tragenden Unternehmerrisiko auch die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gehört. Die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers kann dem Arbeitgeber aber insbesondere dann unzumutbar sein, wenn eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit ausgeschlossen ist und der Arbeitgeber deshalb dem Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum hin sein Gehalt weiterzahlen müsste, obwohl er z. B. wegen Betriebsstilllegung für dessen Arbeitskraft keine Verwendung mehr hat. Allerdings sind bei einer außerordentlichen Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers insoweit verschärfte Anforderungen an die Pflicht des Arbeitgebers zu stellen, mit allen zumutbaren Mitteln eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb bzw. im Unternehmen zu versuchen (BAG vom 05.02.1998 - 2 AZR 227/97 - AP Nr. 143 zu § 626 BGB ; BAG vom 24.06.2004 - 2 AZR 215/03 - AP Nr. 278 zu § 613 a BGB). Auch bei der nur ausnahmsweise zulässigen außerordentlichen Kündigung tariflich unkündbarer Arbeitnehmer ist der Arbeitgeber aber zu einer sozialen Auswahl entsprechend § 1 Abs. 3 KSchG verpflichtet. Da die außerordentliche Kündigung in derartigen Fällen nur die tariflich ausgeschlossene ordentliche Kündigung ersetzt, würde es einen Wertungswiderspruch darstellen, wollte man zu Gunsten des besonders geschützten Arbeitnehmers nicht zumindest die Kündigungsschranken beachten, die ihn im Fall einer ordentlichen Kündigung schützen (BAG vom 05.02.1998 ebd. m. w. N.).
1.2
Allerdings ist nach der ständigen Rechtsprechung des BAG die vom Arbeitgeber nach § 1 Abs. 3 KSchG zu treffende Sozialauswahl streng betriebsbezogen und sind Arbeitnehmer anderer Betriebe eines Unternehmens grundsätzlich nicht in die Sozialauswahl einzubeziehen (vgl. BAG vom 15.12.2005 - 6 AZR 199/05 - AP Nr. 76 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Die Sozialauswahl hat auch dann grundsätzlich betriebsbezogen zu erfolgen, wenn sich der Arbeitgeber ein betriebsübergreifendes Versetzungsrecht vorbehalten hat (BAG vom 02.06.2005 - 2 AZR 158/04 - AP Nr. 61 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl).
1.3
Die Entlassung der am Standort A-Stadt im "S. C." "beschäftigten" Arbeitnehmer, mithin auch die Kündigung des Klägers, stellt sich aber nicht als Teil der Schließung des Betriebsstandorts A-Stadt der Beklagten dar, sondern als Personalabbau in einer unternehmensweit organisierten betrieblichen Einheit "S.C.", die kündigungsschutzrechtlich als (standortübergreifender) Betrieb angesehen werden muss.
1.3.1
Nach dem in Rechtsprechung und Rechtslehre entwickelten Begriff ist Betrieb die organisatorische Einheit, innerhalb deren der Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern durch Einsatz technischer und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen. Durch die arbeitstechnische Zwecksetzung der organisatorischen Einheit unterscheidet sich vornehmlich der Betrieb von dem weitergefassten Begriff des Unternehmens. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass ein Betrieb aus einzelnen, organisatorisch abgegrenzten Teilen besteht, wenn diese nur als solche unselbständig sind und bestimmte für den Gesamtbetrieb dienende Teilzwecke zu erfüllen haben. Ob es sich im Einzelfall um mehrere Betriebe oder nur um unselbständige Teile eines einheitlichen Betriebes handelt, richtet sich nach der Einheit der auf die Verfolgung der arbeitstechnischen Zwecke gerichteten Organisation, welche die Einheit des Betriebes und damit diesen selbst bestimmt. Die Einheit der Organisation ist zu bejahen, wenn ein einheitlicher Leitungsapparat vorhanden ist, der die Gesamtheit der für die Erreichung des arbeitstechnischen Gesamtzwecks eingesetzten Mittel lenkt. Dagegen ist eine räumliche Einheit der Betriebsstätte für einen einzigen Betrieb nicht wesensnotwendig (BAG vom 26.08.1971 - 2 AZR 233/70 - AP Nr. 1 zu § 23 KSchG 1969 m. w. N.). Der Betriebsgriff ist weit, insbesondere auf den Kündigungsschutz hin zweckgerichtet auszulegen, damit dieser hinsichtlich des Geltungsbereichs, aber auch hinsichtlich der Sozialauswahl nicht gemindert wird. Deshalb kann insbesondere für den Bereich der betriebsbezogenen Sozialauswahl nicht auf betriebsverfassungsrechtlich zu treffende Abgrenzungen abgestellt werden (vgl. APS - Preis, 2. Aufl., Grundlagen C Rz. 84 f; anders für den Fall des § 4 BetrVG BAG vom 25.11.1993 - 2 AZR 517/93 - AP Nr. 3 zu § 14 KSchG 1969).
1.3.2
Vorliegend ist nach dem unstreitigen Vorbringen der Parteien von einer unternehmensweit organisierten betrieblichen Einheit "S.C." auszugehen.
Das "S.C." dient der Qualifizierung zum Zwecke der internen oder externen Weitervermittlung von Arbeitnehmern. Es verfügt nicht über eigene Arbeitsplätze, vielmehr werden die dem "S.C." zugeordneten Arbeitnehmer - zum Teil nach vorherigen Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen - im Rahmen konzerninterner oder externer Arbeitnehmerüberlassung verliehen. Die arbeitstechnische Zweckbestimmung der organisatorischen Einheit "S. C.", nämlich die Weiterbildung und Verleihung von Arbeitnehmern unterscheidet sich damit schon von der der Beklagten. Wie sich aus den Organigrammen des Jahres 2004 und 2005 zum Aufbau des "S. C." der Beklagten ergibt, verfügt diese organisatorische Einheit auch über eine eigenständige Leitung, die jedenfalls ab Oktober 2004 von Frau Lindemann, die von der Muttergesellschaft hierfür entsandt worden war, ausgeübt wurde. Nach dem Vortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2006, nahm Frau Lindemann koordinierende Tätigkeiten für die betriebsbezogenen "S.C." wahr, beispielsweise war sie zuständig für die Arbeitnehmerüberlassungsverträge und die Aufgabenabstimmung. Die einzelnen "S. C." (Kostenstellen-)Verantwortlichen berichteten fachlich an sie. Wie sich insoweit aus den Organigrammen zum "S.C." und den Erläuterungen der Beklagten im Termin am 08.11.2006 vor dem Landesarbeitsgericht ergibt, sind die Untergliederungen der "S. C."-Organisation auch nicht unbedingt identisch mit den einzelnen Betriebsstandorten der Beklagten, sondern beziehen sich zum Teil nur auf Kostenstellen bzw. fassen Betriebsstandorte zusammen. So wurden die am Betriebsstandort A-Stadt geführten "S. C."-Arbeitnehmer über zwei Kostenstellen abgerechnet und umfasste das "S. C." Nord/Ost, zwei Betriebsstandorte, nämlich B. und A-Stadt. Die konzerninterne und -externe Arbeitnehmerüberlassung, die zentraler Zweck des "S.-C." ist wurde von Herrn W., der ebenfalls ausweislich des Organigramms Frau L. unterstellt war, koordiniert. Demgegenüber kamen den für die einzelnen "S. C."-Kostenstellen Verantwortlichen lediglich untergeordnete personaltechnische Aufgaben, wie beispielsweise die Analyse von Mitarbeiterqualifikationen, die Ausarbeitung von Schulungsplänen und Bereitstellung von unternehmensweit angebotenen Schulungen zu. Die für die einzelnen "S. C."-Kostenstellen an den verschiedenen Betriebsstandorten der Beklagten zuständigen Mitarbeiter können daher quasi als Abteilungsleiter des unter der Gesamtleitung von Frau L. stehenden "S.C." angesehen werden. Die Betriebs- und Personalleiter der einzelnen Standorte hatten dagegen offenbar höchstens rein formale Kompetenzen hinsichtlich der S.-C. Mitarbeiter, insofern die Arbeitnehmer administrativ dem jeweiligen Betriebsstandort zugeordnet blieben.
Dafür, dass es sich bei dem "S.C." um eine unternehmensweite betriebliche Organisationseinheit handelt, spricht nicht zuletzt auch, dass die Beklagte erst im Rahmen des vorliegenden Verfahrens dazu übergegangen ist, von mehreren "S. C." an den verschiedenen Betriebsstandorten zu sprechen. Noch in der Betriebsratsanhörung - wie auch nach dem erstinstanzlichen Vorbringen - ist immer nur von dem "S. C." die Rede. In der Betriebsratsanhörung heißt es sogar, dass Herr W. K. als Direktor des "S. C." am 01.03.2005 die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, die Kapazitäten im "S. C." der Beklagten nicht weiter aufzustocken. Auch trägt die Beklagte selbst in Zusammenhang mit der Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer B., S. und S. vor, deren Arbeitsplätze seien nicht weggefallen durch die Betriebsschließung, weil sie längerfristig zur Mutter entsandt seien.
Gegen die einheitliche betriebliche Organisation spricht schließlich auch nicht, dass die "S. C."-Arbeitnehmer rein örtlich auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz verblieben, soweit sie nicht im Rahmen von Dienstleistungsüberlassungsverträgen teilweise an anderen Orten bzw. bei Kunden eingesetzt wurden. Zum einen ist eine räumliche Einheit der Betriebsstätte für den Betriebsbegriff nicht wesensnotwendig, zum anderen sind die von den Arbeitnehmern auszuführenden Tätigkeiten aufgrund der IT-Technik i.d.R. nicht ortsgebunden, so wurden die von der Beklagten im "S.C." A-Stadt geführten Arbeitnehmer auch teilweise von A-Stadt bzw. vom home-office aus konzernintern oder -extern eingesetzt.
Schließlich kommt es auch nicht darauf an, dass an den einzelnen Betriebsstandorten der Beklagten eigenständige Betriebsräte gebildet sind, denn wegen des Schutzzwecks des Kündigungsschutzgesetzes kann insbesondere hinsichtlich der Sozialauswahl nicht auf den betriebsverfassungsrechtlichen Betriebsbegriff abgestellt werden.
1.4
Da es sich somit bei dem "S. C." der Beklagten um eine unternehmensweit organisierte betriebliche Einheit handelt, musste die Beklagte die Sozialauswahl auf die vergleichbaren Arbeitnehmer des gesamten Betriebes erstrecken, mithin auch auf die an den anderen Standorten dem "S. C." zugewiesenen Beschäftigten.
1.4.1
Einer standortübergreifenden Sozialauswahl steht im Streitfall auch keine Beschränkung des Direktionsrechts der Beklagten auf den Einsatzort A-Stadt bzw. den Bereich N. entgegen.
Abgesehen davon, dass - wie oben unter 1.3.2 ausgeführt - dem Einsatzort bei den von der Beklagten ausgeübten Tätigkeiten aufgrund der IT-Technik keine ausschlaggebende Bedeutung mehr zukommt, hat die Beklagte den Kläger einvernehmlich ortsübergreifend (bundesweit) eingesetzt. Mithin ist von einer entsprechenden arbeitsvertraglichen Einsetzbarkeit auszugehen.
1.4.2
Der Kläger hat die Beklagte aufgefordert, Namen und Sozialdaten von vergleichbaren Arbeitnehmern zu benennen. Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen. Beanstandet der Arbeitnehmer aber pauschal die soziale Auswahl und fordert den Arbeitgeber auf, die Gründe mitzuteilen, die ihn zu der Auswahl veranlasst haben, so geht im Rahmen der abgestuften Darlegungs- und Beweislast im Bereich der sozialen Auswahl die Darlegungslast auf den Arbeitgeber über. Als auskunftspflichtige und darlegungsbelastete Partei hat der Arbeitgeber sodann die Gründe darzulegen, die ihn subjektiv zu der von ihm getroffenen sozialen Auswahl veranlasst haben. Ergibt sich aus den Angaben des Arbeitgebers bereits, dass das Auswahlverfahren objektiv nicht den gesetzlichen Anforderungen der sozialen Auswahl entsprochen hat (z. B. Verkennung des auswahlrelevanten Personenkreises), so braucht der Arbeitnehmer zunächst nichts weiter darzulegen (BAG vom 10.02.1999 - 2 AZR 716/98 - AP Nr. 40 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl), vielmehr spricht eine vom Arbeitgeber auszuräumende tatsächliche Vermutung dafür, dass auch die Auswahlentscheidung objektiv fehlerhaft und damit die Kündigung sozialwidrig ist (BAG vom 15.06.1989 - 2 AZR 580/88 - AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl und vom 18.10.1984 - 2 AZR 61/83 - AP Nr. 18 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung). Der Arbeitgeber muss dann näher darlegen, weshalb trotz Durchführung eines gegen § 1 Abs. 3 KSchG verstoßenden Auswahlverfahrens gleichwohl der gekündigte Arbeitnehmer nach dem Maßstab des § 1 Abs. 3 KSchG nicht fehlerhaft ausgewählt worden ist (BAG vom 18.10.1984, a. a. O. und vom 20.10.1983 - 2 AZR 211/82 - AP Nr. 13 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).
Entsprechenden Vortrag hat die Beklagte - trotz des gerichtlichen Hinweises vom 11.10.2006 - nicht erbracht. Mangels näherer Darlegungen der Beklagten ist daher im Streitfall von einer fehlerhaften Sozialauswahl auszugehen, zumal die Beklagte unstreitig mindestens drei S.-C. Arbeitnehmer des Standorts N.weiterbeschäftigt. 2.
Die Nichtverlängerung des letzten Entsendungsvertrages ist dagegen allein noch kein Kündigungsgrund, denn bei einer Arbeitnehmerüberlassung reicht regelmäßig der Hinweis des Verleihers nicht aus, der bisherige Auftrag, in dessen Rahmen der Leiharbeitnehmer eingesetzt worden sei, sei beendet und es lägen keine Anschlussaufträge vor. Kurzfristige Auftragslücken gehören zum typischen Unternehmensrisiko eines Verleiharbeitgebers und sind nicht geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen (BAG vom 18.05.2006 - 2 AZR 412/05 - AP Nr. 7 zu § 9 AÜG). Da die Beklagte im Rahmen des "S. C." konzerninterne und -externe Arbeitnehmerüberlassung betreibt, muss sie sich insoweit wie ein Verleiharbeitgeber behandeln lassen. Soweit die Beklagte vorträgt, wegen des konzernweiten Personalabbaus seien nicht mehr genügend Vermittlungsmöglichkeiten vorhanden, ist dieser pauschale Vortrag zum einen unsubstantiiert, zum anderen entfällt hierdurch nicht die Notwendigkeit einer auf das "S.C." bezogenen unternehmensweiten Sozialauswahl, denn die Beklagte hat nicht alle im "S.C." geführten Arbeitnehmer ihres Unternehmens, sondern lediglich den größten Teil der Arbeitnehmer der geschlossenen Betriebsstandorte entlassen.
3.
Selbst wenn die Kammer zu Gunsten der Beklagten davon ausgeht, dass es sich bei dem "S. C." nicht um eine unternehmensweit organisierte betriebliche Einheit handelt, sondern die einzelnen Betriebsstandorte über eigene "S. C."-Abteilungen verfüg(t)en, scheitert die Kündigung an der stets durchzuführenden Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG.
Im Streitfall liegt jedenfalls ein Ausnahmefall von der strengen Betriebsbezogenheit der Sozialauswahl vor (vgl. den Hinweis in der Entscheidung des BAG vom 02.06.2005 - 2 AZR 158/04 - a. a. O. Ziff. II 2 b). Zweck der Versetzung der Arbeitnehmer in das "S.C." ist der konzerninterne oder -externe Einsatz der Arbeitnehmer, der standortunabhängig erfolgt. Diese konzerninterne und -externe Arbeitnehmerüberlassung steht in keinem direkten Bezug zu dem jeweiligen Betrieb, dem die Arbeitnehmer rein administrativ zugeordnet bleiben. Die Einsatzmöglichkeiten aller Arbeitnehmer sind insbesondere abhängig von der konzerninternen oder -externen Nachfrage nach solchen vorübergehenden Entsendungen. Es handelt sich insofern um ein unternehmens- bzw. konzernweit genutztes Arbeitskraftflexibilisierungsinstrument, das entsprechend auch eine betriebsübergreifende Sozialauswahl erfordert. Hierfür spricht nicht zuletzt auch der Vortrag der Beklagten, die in das "S.C." versetzten Arbeitnehmer hätten in ihrem Betrieb keine (dauerhafte) Aufgabe mehr. Sie sind mithin vom einzelnen Betrieb losgelöst und werden dem konzernweiten Arbeitsmarkt zur Verfügung gestellt.
4.
Die Kündigung scheitert schließlich auch an der Konzernbetriebsvereinbarung vom 27.01.2005.
4.1
Betriebsvereinbarungen sind wie Tarifverträge auszulegen. Über den reinen Wortlaut hinaus kann daher der wirkliche Wille der Betriebsvereinbarungsparteien nur berücksichtigt werden, sofern er in der Vereinbarung hinreichenden Ausdruck gefunden hat (BAG AP 24 zu § 59 BetrVG und BAG vom 12.09.1984 AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung sowie vom 23.02.1994 AP Nr. 151 zu § 1 TVG Auslegung).
4.2
Nach Ziff. 4.8 dieser Konzernbetriebsvereinbarung kehrt bei einer eventuellen Auflösung des "S.C." der Mitarbeiter in den ehemals abgebenden Bereich soweit möglich auf einen vergleichbaren Arbeitsplatz zurück.
Was unter dem "ehemals abgebenden Bereich" in Ziff. 4.8 der Betriebsvereinbarung zu verstehen ist, ist dort nicht definiert. Allerdings verwendet die Betriebsvereinbarung den Begriff "Bereich" bei der Bestimmung des Geltungsbereichs in Ziff. 3, die ihrerseits auf die erste Protokollnotiz zu dieser Konzernbetriebsvereinbarung verweist. Nach Ziff. 3 der Betriebsvereinbarung gilt diese für alle Mitarbeiter der in der ersten Protokollnotiz zu dieser KBR - BV aufgeführten Bereiche in den dort genannten Konzernunternehmen, die in das "S.C." wechseln. In der ersten Protokollnotiz zur KBR-BV "S. C." heißt es wörtlich:
"Folgende aufgeführte Bereiche der genannten Konzernunternehmen fallen unter den Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung:
Unternehmen:
I. D. GmbH
A.
C. C.S. GmbH
I. S. & S. GmbH
I.M. S.GmbH
I. O. S. GmbH
Geschäftsbereiche:
I. S. S. D.
I. I.".
Die aufgeführten Bereiche in den dort genannten Konzernunternehmen sind die Bereiche I. S. S. D. (I.G.S. S. O.) und I. I. (I.G.S. I. T. S.).
Nach dem Vorbringen der Beklagten gehörte der Kläger zum Bereich S. D.. Insoweit hat der Personalleiter der Beklagten im Termin der mündlichen Verhandlung vom 08.11.2006 vor dem Landesarbeitsgericht erklärt, auch die Arbeitnehmer, die ursprünglich dem später abgespaltenen Bereich AMS entstammten, seien mit der Versetzung in das "S.C." in den Bereich S. D.übergegangen, weshalb eine Rückkehr in den Bereich AMS bzw. die neu gegründete Gesellschaft A.S. GmbH nicht in Frage komme.
Im Hinblick darauf, dass die Bereiche in der Protokollnotiz zu der Konzernvereinbarung als Geschäftsbereiche der in der Protokollnotiz aufgeführten Unternehmen definiert sind und sich eine andere Definition des Begriffs Bereich in Ziff. 4.8 der Konzernbetriebsvereinbarung nicht findet, muss davon ausgegangen werden, dass die Betriebsvereinbarungsparteien den Begriff des abgebenden Bereichs entsprechend verstehen wollten. Jedenfalls kann dieser Begriff nicht mit dem Begriff Betrieb oder Standort, wie dies die Beklagte meint, gleichgesetzt werden. Bei den Begriffen Betrieb und Standort handelt es sich um klar definierte übliche Begriffe, weshalb davon auszugehen ist, dass die Betriebsvereinbarungsparteien diese auch verwandt hätten, wenn sie die Rückkehrmöglichkeit der im "S. C." beschäftigten Arbeitnehmer bei einer Schließung desselben auf den abgebenden Betrieb bzw. Standort hätten beschränken wollen.
Auch im übrigen findet sich aus dem Wortlaut und Gesamtzusammenhang der in der Konzernbetriebsvereinbarung getroffenen Regelungen kein Anhaltspunkt für eine solche Beschränkung des Rückkehrrechts.
4.3
Die Beklagte kann deshalb die Kündigung nicht ausschließlich mit der Schließung des Betriebsstandorts N./A-Stadt begründen. Sie war vielmehr verpflichtet, dem Kläger unternehmensweit im Bereich S. D. einen (möglichst vergleichbaren) Arbeitsplatz anzubieten. Da die Beklagte ihr "S. C." nicht insgesamt geschlossen hat, kann sie sich auch nicht darauf beziehen, dass freie Arbeitsplätze unternehmensweit nicht vorhanden seien. Sie mußte versuchen, den Kläger im Rahmen von Entsendeverträgen weiterhin einzusetzen. Dass konzernweit freie Arbeitsplätze vorhanden waren, wie sie der Betriebsrat in seinem Widerspruchsschreiben benennt, ist zwischen den Parteien nicht streitig. Soweit die Beklagte dagegen geltend macht, wegen des konzernweiten Personalabbaus hätten die im "S.C." geführten Arbeitnehmer nicht mehr alle eingesetzt werden können, war sie wiederum verpflichtet, eine soziale Auswahl durchzuführen.
5.
Dahin stehen lassen konnte die Kammer mithin, ob der Kläger im Streitfall auch einen zu seinen Gunsten begründeten Konzernkündigungsschutz geltend machen kann, etwa weil er zuvor längerfristig bei der Muttergesellschaft oder einem anderen Konzernunternehmen eingesetzt war und sich dieses hierdurch selbst gebunden hat oder die Beklagte bzw. ein anderer Konzernbetrieb dem Kläger eine Übernahme fest in Aussicht gestellt hat (vgl. hierzu BAG vom 23.11.2004 - 2 AZR 24/04 - AP Nr. 23 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung und vom 23.03.2006 - 2 AZR 162/05 - DB 2006, S. 2351 ff.). Desgleichen konnte dahinstehen, ob die Beklagte im Hinblick darauf, dass der Kläger zuvor im Bereich "AMS" tätig war, vor der Abspaltung der I. A. GmbH eine Sozialauswahl hätte durchführen oder das Arbeitsverhältnis des ordentlich nicht mehr kündbaren Klägers wegen der durch die Konzernbetriebsvereinbarung eröffneten Rückkehroption im Rahmen der Abspaltung auf die neugegründete GmbH hätte überleiten müssen.
6.
Die Beklagte ist auch verpflichtet, den Kläger arbeitsvertragsgemäß weiterzubeschäftigen.
6.1
Die vom Kläger im Termin am 08.11.2006 vor dem Landesarbeitsgericht vorgenommene Änderung seines Weiterbeschäftigungsantrags ist gem. §§ 533, 263 ZPO zulässig. Wegen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts und der tatsächlichen Durchführung des Vertragsverhältnisses hat der Kläger keinen Anspruch auf eine bestimmte Beschäftigung. Die vorgenommene Klagänderung trägt dem Rechnung. Sie ist daher sachdienlich und kann im übrigen auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat.
6.2
Auf den Antrag des Klägers war die Beklagte zur vertragsgemäßen vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits zu verurteilen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts seit der Entscheidung des Großen Senats vom 27.02.1985 (GS 1/84 - AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht), der sich die Kammer anschliesst, kann der Arbeitnehmer verlangen, vorläufig weiterbeschäftigt zu werden, wenn er ein noch nicht rechtskräftiges positives Kündigungsschutzurteil erlangt hat und wenn die Interessen des Arbeitnehmers an der Weiterbeschäftigung die des Arbeitgebers an einer Nichtbeschäftigung übersteigen. Soweit die Beklagte im Streitfall geltend macht, dass der vorläufigen Weiterbeschäftigung des Klägers die vollständige Stilllegung des Betriebs N. entgegenstehe, kann dem nicht gefolgt werden, denn der Kläger war im Rahmen des "S. C." der Beklagten tätig, das unternehmens- und konzernweit nicht geschlossen, sondern sogar ausgeweitet wurde. Wie sich aus dem Widerspruch des Betriebsrats ergibt, werden konzernweit auch Qualifikationen wie die, über die der Kläger verfügt, gesucht, weshalb es für die Beklagte nicht unzumutbar ist, zu versuchen, den Kläger im Rahmen des "S. C." weiterhin in konzerninterne oder -externe Tätigkeiten zu vermitteln. Für den Streitfall kann deshalb nicht festgestellt werden, dass die Interessen der Beklagten an der Nichtbeschäftigung die des Klägers an der Weiterbeschäftigung übersteigen.
III.
Als unterlegene Partei hat die Beklagte die Kosten des gesamten Rechtsstreits gem. § 92 Abs. 1 ZPO zu tragen. Der Tenor des Urteils war insofern gem. § 319 ZPO wegen offenbarer Unrichtigkeit entsprechend zu berichtigen, nachdem den Parteien hierzu rechtliches Gehör gewährt worden war.
Die Revision wird gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.
Ende der Entscheidung
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